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Eigenes Atomic Energy Lab als Experimentierkasten?

Ungelesener BeitragVerfasst: 17. Jan 2011, 12:13
von radioman
Beim Surfen im Netz fand einen wirklich ungewöhnlichen Experimentierkasten für Kinder aus ca. 1949-52. Eigene Versuche mit radioaktiven Stoffen konnten durchgeführt werden. Und alles völlig gefahrlos?!?
http://www.gizmodo.de/2009/03/25/gilbert-u-238-kinder-bastelset-fur-atombomben.html

http://www.magejo.de/2010/05/24/must-have-gilbert-u-238-atomic-energy-laboratory-netzfundstuck/

http://en.wikipedia.org/wiki/Gilbert_U-238_Atomic_Energy_Laboratory

oder per Google Bildsuche nach: Gilbert U-238 Atomic Energy Lab

Vielleicht hat ja Loriot daher seine Idee mit dem Atomkraftwerk-Baukasten aus dem Weihnachtssketch 'Familie Hoppenstedt'?

Viel Spaß im neuen Jahr 2011
radioman

Re: Eigenes Atomic Energy Lab als Experimentierkasten?

Ungelesener BeitragVerfasst: 21. Okt 2012, 18:58
von Radiomann
Leider sind die Kommentare bei obigem ersten Link meist von "bildungsfernen Erdenbürgern". Man kann aber über diesen Baukasten auch ernsthaft diskutieren. Mir fällt da spontan ein, als Knirps um 1960 sowas auch bei Franz Carl Weber (DAS Spielwarenhaus in Zürich) gesehen zu haben.

Auch z. B. Heinz Richter hatte solche Versuche "im Programm":

1. Das Buch "Atomstrahlen und Geigerzähler" oder so ähnlich.

2. Bei Radio + Elektronik von H. Richter gab es eine "speziell konstruierte Glimmlampe" auch für einen offiziellen "radioaktiven" Versuch: Diese Glimmlampe erhöhte beim Einsatz in einer Glimmlampen-Blinkschaltung die Blinkfrequenz, wenn man mit einem radioaktiven Präparat hinkam (auch schon beim Unterschied hell/dunkel im Zimmer änderte sich die Blinkfrequenz).

Sehr schwache, aber völlig genügende radioaktive Präparate kann man leicht selber "herstellen". Solche Experimente sind sogar an Schulen zugelassen:

1. Man nehme einen alten Glühstrumpf für Gaslampen. Man muss nur aufpassen, dass er nicht "verstiebt", also in der Hülle drin lassen, denn das Einatmen dieses Alpha-Strahlers ist das eigentliche Problem. Die neuen Exemplare enthalten deshalb das radioaktive Thorium nicht mehr.

2. Man spanne einen Draht von 5 m Länge im Zimmer aus und lege ihn ca 1/4 Stunde an ca 5000 Volt minus (gegen Erde). Nachher streife man mit einem Fetzen Papier-Taschentuch den Draht ab und halte den angeschwärzten (Schmutz) Fetzen vor ein Geiger-Müller-Zählrohr. :ausflipp:

3. Steinsammler kennen Lagerstätten mit schwach radioaktiven Steinen, wo man sich bedienen kann. ("Hotspots", z. B. im Weisstannental/Schweiz)

Atombomben oder AKWs kann man natürlich mit solchen Methoden und Baukästen nicht bauen :mrgreen: .
Heute könnten solche Baukästen aus "psychologischen Gründen" nicht mehr verkauft werden, wo ja schon Handymasten, UFOs, Wasseradern und weiss der Geier was "Krebs" auslösen. Anderseits muss man zugeben, dass der Stoff nicht gerade schülergerecht ist (da reichlich Theorie angesagt), aber für Erwachsene wäre es kein Problem, aber da dürfte der Interessentenkreis zu klein sein. Bleibt nur die Hoffnung auf einen angemessenen Physikunterricht.

Re: Eigenes Atomic Energy Lab als Experimentierkasten?

Ungelesener BeitragVerfasst: 21. Okt 2012, 21:38
von FrankR
Das "Gilbert Atomic Energy Lab" war nicht der einzige in den USA vertriebene Experimentierkasten, der sich mit Atomenergie beschäftigte. Vor einiger Zeit habe ich eine Auktion über eBay.us beobachtet, in dem der "Chemcraft Atomic Energy" Experimentierkasten von Porter Chemicals, angeboten wurde. Leider kann ich mich nicht mehr an den Preis erinnern. Anschließend habe ich im Netz aber einige interessante Bilder über das Set, die Firma und die Herstellung gefunden, die ich Euch hier nicht vorenthalten möchte.
Die Firma Porter Chemicals stellte allgemein sehr aufwendig ausgestattete Chemie-Experimentierkästen her und brachte diesen Atomic Energy Experimentierkasten, der Bestandteil eines großen Chemie-Experimentierkastens war, 1948 auf den Markt. Die großen Kästen waren stabile, 4-teilig aufklappbare Metallkästen, wie auf den ersten beiden Bildern zu sehen ist. Für den großen Chemcraft Chemie Experimentierkasten aus den 1950er (1958?) Jahren wurden 752 Experimente angegeben (Bilder 7 und 8 ).

Einen Link dazu kann ich leider momentan nicht liefern.

1. und 2. Der Porter Chemcraft Atomic Energy Experimentierkasten, Chemcraft No. 25, 1948

Bild

Bild

3. Father and son Porter showing licence of AEC (originale Bildunterschrift)

Bild

4. Jack Porter bagging quantities of uranium ore

Bild

5. Negatives being exposed to various rays

Bild

6. Worker packing quantities of uranium ore

Bild

7. und 8. Der große Chemie-Experimentierkasten "Chemcraft Chemistry Lab" mit 752 Experimenten von Porter Chemicals in aufklappbare Metallbox

Bild

Bild



Gruß von Frank

Re: Eigenes Atomic Energy Lab als Experimentierkasten?

Ungelesener BeitragVerfasst: 21. Okt 2012, 22:47
von FrankR
Ach übrigens, A.C. Gilbert ist nicht nur bekannt für sein "U-238 Atomic Energy Lab", sondern war auch ein großer Hersteller von Modelleisenbahnen - die "American Flyer Trains": myflyertrains.com. Auf derselben Seite findet man auch eine Liste aller Gilbert Kataloge von 1938 bis 1967 - Modelleisenbahnen, Konstruktionsbaukästen, das Atomic Energy Lab und anderes: A.C. Gilbert Kataloge. Eine sehr interessante Seite. Alle Jahreskataloge sind mit allen enthaltenen Seiten vorhanden.

Frank

Re: Eigenes Atomic Energy Lab als Experimentierkasten?

Ungelesener BeitragVerfasst: 16. Feb 2013, 07:59
von duckrider
Na, dann will ich Euch das doch nicht vorenthalten:

http://science-notebook.com/gilbert-main.html

Hier finden sich eine Menge Anleitungen der Gilbert Kästen. Bei Ausdrucken wird der m.E. etwas störende Hintergrund unterbunden.
Da hat sich Norman Young richtig viel Mühe gegeben, diese interessanten Anleitungen zugängig zu machen.
Reinschauen lohnt sich! :clap:

gute Zeit
Thomas

Re: Eigenes Atomic Energy Lab als Experimentierkasten?

Ungelesener BeitragVerfasst: 16. Feb 2013, 22:44
von FrankR
duckrider hat geschrieben:Reinschauen lohnt sich!


Da hast Du aber sowas von Recht! Eine hervorragende Seite!

Ich habe mir etwas detaillierter die Anleitungen zu den Baukästen "Gilbert Hydraulic and Pneumatic Engeneering" und "Signal Engineering" angesehen. Ich bin begeistert von den einfach auszuführenden aber lehrreichen Experimenten. Ich vermute deshalb, daß die Anleitung zum "Gilbert Atomic Energy Lab" ebenso lehrreich war, und daß dieser Experimentierkasten durchaus seinen Sinn und Zweck hatte. Und daß die im Netz zu findenden häufig albernen Kommentare zu diesem Kasten völlig unangebracht sind.

Frank

Re: Eigenes Atomic Energy Lab als Experimentierkasten?

Ungelesener BeitragVerfasst: 21. Feb 2013, 08:41
von duckrider
was wohl der Deutsche Zoll dazu gesagt hätte, wenn einer von uns dort den Zuschlag bekommen hätte:

http://www.ebay.de/itm/230924129758?nma ... _cvip=true
http://www.ebay.de/itm/110999405092?nma ... _cvip=true

es gibt sie noch die guten Dinge....
Thomas

Re: Eigenes Atomic Energy Lab als Experimentierkasten?

Ungelesener BeitragVerfasst: 21. Feb 2013, 15:15
von Georg
was wohl der Deutsche Zoll dazu gesagt hätte, wenn einer von uns dort den Zuschlag bekommen hätte:


Thomas,
ganz schwer zu sagen. Ich hatte berufsmäßig damit zu tun, Lieferungen
an meine Firma bei eventuellen Diskussionen mit dem Zoll zu bearbeiten.
Das war meist eine Zolldienststelle in Bremen bei Lieferungen aus Übersee.
Die Zollbeamten kannten sich bestens mit den Tarifnummern und deren
Definitionen aus, aber Wissen über die Stoffe war praktisch nicht vorhanden.
Daher wurden manchmal seltsame Zusammenhänge "ausgedacht", z. B.
das Wörtchen "phosphor" in einer ellenlangen chem. Formel rief Erinnnerunegn
an Brandbomben hervor. Das war auch kurz nach 9/11...
Das lies sich immer schnell klären, dabei half nat. auch, daß wir ein großes
und bekanntes Unternehmen waren. Ob man einem nobody so leicht
geglaubt hätte? Wer weiß. Der Zoll hat noch irgendwo ein Amt, wo Fachleute
sitzen und läßt notfalls auch extern untersuchen, aber das dauert dann.
Grundsätzlich gibt es Kontrollen, auch für vordergründig harmlose Stoffe.
Da ist der Zoll nur ein Teil des Systems . Daß das ganz gut funktioniert, sieht man an dem
Fall vor einiger Zeit, als ein paar Islamisten Peroxid und Azeton gekauft hatten.
Zur Sache des alpha-Strahlers in dem Ebay-Kauf müßte man wissen, wie
"stark" der (noch) ist. Das Zweite ist die frage, ob dieser Stahler irgendwie
in den Körper aufgenommen werden kann (nicht nur verschluckt, sondern
in das Zellinnere verteilt). Dann werden derlei Strahler nämlich erst gefährlich.
Aber wie will man das heute klären? Die Herstellerfirma ist wohl nicht mehr
existent.
Meine Vermutung geht dahin: man würde feststellen (lassen), ob noch Radioaktivität
vorliegt, und wenn die höher als die heutigen Grenzwerte leigt, würde man das
auf Kosten des Importeurs (=Ebay-Käufer) entsorgen. Kann teuer werden.
Gruß
Georg

Re: Eigenes Atomic Energy Lab als Experimentierkasten?

Ungelesener BeitragVerfasst: 7. Mär 2013, 23:02
von hgd
Hallo Liste,

sehr interessant, davon hatte ich bisher nichts gewusst. Nur gut, dass der Kasten, er denn angeboten wird, mein Budget beträchtlich übersteigt :psst: .

In den 70ern habe ich Minearlien gesammelt, als sog. Micromounts, also winzig kleine Kristalle, in in kleine Plastikdöschen montiert wurden, zum Betrachten mit einem 10x bis 20x Stereomikroskop. Ich sammelte auch im Schwarzwald.

Über dortige Fundstellen gab es reichlich populäre Literatur, das dürfte heute auch noch so sein. Eine bekannte Halde war so oft umgegraben, dass wie in einem Buch berichtet wurde, selbst in über 1 Meter Tiefe (Teufe) noch Bier- und Coladosen gefunden wurden.

Das war mir zuviel Arbeit, ich setzte mich mitten auf dem Holzabfuhrweg vor der Halde. Das Wegematerial stammte aus der oder einer anderen Halde. Alle 10 cm fand ich ein kleines Bröckchen mit Heinrichtig und Zeunerit oder wie die glimmerartigen uranhaltigen Minerale heißen, gelblich bis grünlich. Im Döschen bekamen die alle einen zusätzlichen gelben runden Aufkleber, auf das ich das Radioaktivitätszeichen malte.

Wenn ich mir vorstelle, wenn Papa sich auf Teufe 2 Meter vorarbeitet und der Nachweis mit Spielzeug auf dem Waldweg sich selbst überlassen war. Vielleicht ist das heute anders ...

Bekannt ist auch die Begeisterung für Atomkraftwerke und -bomben. Früher. Mit der Aktentasche, das habe ich noch erlebt. Und "Atomic Cafe", "Atom Andy" usw. Heute sehe ich darin den Versuch einer gewissen Lobby, Atom und Drumherum gesellschaftsfähig zu machen. An dem Thema haben sich bestimmt viele Sozial- und Literaturwissenschaftler verdient gemacht. Heute ist das unvorstellbar ...

Das mit dem 4kV-Draht und Abwischen, das war für mich neu. Es lohnt sich immer wieder, auch die "Sonstigen" Foren hier auf dem Board anzusehen.

Gruß
Hans-Günter

Wilesco Atomkraftwerk

Ungelesener BeitragVerfasst: 12. Apr 2013, 17:51
von PeteS
Durchaus noch passend zum Thema möchte ich einen weiteren (hoffentlich noch unbekannten) Link beisteuern:
http://www.puppenhausmuseum.de/spielzeug-50er-jahre.html

Dort ungefähr bis zur Mitte runter scrollen. Da gibt es die elektrisch betriebene Wilesco Dampfmaschine R 200 "Atomkraftwerk" zu bestaunen.

Gruß
Pete

Re: Eigenes Atomic Energy Lab als Experimentierkasten?

Ungelesener BeitragVerfasst: 24. Nov 2015, 01:01
von Uranylacetat
Ein solchen Kasten habe ich schon mehrfach "in der Bucht" (eBay) beobachtet... :yes: Wäre das ideale Spielzeug für mich! :thumb:

Noch in der 22. Auflage von Römpp/Raaf "Chemische Experimente, die gelingen" aus 1987 gab es ein Kapitel "Versuche zur Radioaktivität"! Und in der 19. Auflage von 1978 hieß es noch "Vorspiel zur Atombombe" .... :yes: Die dort beschriebenen Versuche mit einem Uransalz habe ich Ende der 1970er gemacht - daher auch der mein Nickname...

Und hier eine Wilesco Dampfmaschine R 200 "Atomkraftwerk" in Aktion als Video: https://youtu.be/I0RB3fs4crQ